So gegen 6 von Regen geweckt worden, also nochmal umgedreht, und weitergeschlafen. Gegen 9 dann die ersten Sonnenstrahlen, aber noch sehr viele Wolken, und viel Wind. Heute planen wir, es gemütlich angehen zu lassen – nur nach Oldemarkt, dort übernachten.

Als wir dann soweit sind, beschliesst der Skipper erst noch ein paar Mal Anlegen zu proben – die Lady ist uns immer noch nicht ganz vertraut, vor allem beim Rückwärtsfahren ist sie zickig, und der Heckstrahl ist doch sehr behäbig. Und sie hat eine Tendenz, sich quer zu stellen, ihr Hinterteil lässt sie gerne vom Wind treiben.
Nach ein paar Mal Anlegen hat der Skipper mehr Gefühl für die Eigenheiten der Dame, und wir tuckern los – erstmal ein Stück den Weg von gestern zurück, dann wird abgebogen. Und vor uns die erste bediente Brücke – eine Drehbrücke. Kurz gewartet, dann geht sie auf, und wir sind durch. Auch die nächste Brücke ist kein Problem. Ein Wegweiser zeigt uns den Abzweig zu Oldemarkt, es gibt auch ein paar Anlegeplätze, jetzt ist der Zeitpunkt für einen Kaffee, zwischenzeitlich scheint auch die Sonne.

Nochmal die Karte angeschaut. Jetzt kommt eine Selbstbedienungsbrücke, die mit 2.80 m auf der Karte angeschrieben ist, dann laut Karte Kanäle mit einer Tiefe von 1.30 – die Lady hat 1.15 Tiefgang. Sollte passen.

Abgelegt, vor die Brücke gefahren – kein Lanzelot-Knopf zum Öffnen. Irgendwas an der Brücke selber. Also umgedreht, den Bootsaffen rausgeschmissen (natürlich mit Bootsschuhen im grössten Dreck). Ich jogge mal locker durch’s Unterholz, zu der Brücke – sehe eine grosse Handkurbel, und ein Schild auf holländisch. Unten tuckert der Skipper und guggt etwas genervt. Ich versuch die Kurbel zu drehen, geht unglaublich schwer, und nach einer Vierteldrehung ist Schluss. Beim Entziffern des Schilds wird klar – es gibt einen Schlüssel dafür, den man im Schleusenhaus (irgendwo weiter weg) holen muss, und nach dem man die Brücke aufgekurbelt hat, das Schiff durch ist, und die Brücke wieder zugekurbelt ist, muss man den Schlüssel zurück bringen. Da ich nicht mal weiss, wo das Schleusenhaus sein sollte (und ich ganz sicher nicht die Kraft habe, die Brücke hochzukurbeln, selbst wenn ich den Schlüssel hätte), jogge ich mal wieder zurück, dass der Skipper mich wieder abholen kann. Und wo legt er an – natürlich wieder im grössten Dreck 😉

Kurzer Kriegsrat (gut hatten wir kurz davor Kaffee!) – wir probieren es mit Mast umlegen, und ohne Brücke öffnen. Umkehren ist keine Alternative. Gut – Bootsaffe legt Mast um, guggt – und sieht dass die Flagge am Heck jetzt der höchste Punkt auf der Lady ist. Dummerweise ist die Flagge so fest reingesteckt, dass ich keine Chance habe, sie rauszuziehen – Skipper muss kommen. Und das alles, während wir vor der Brücke rumdümpeln.

Wie wir dann soweit sind, wird das Fenster mit dem ausgeklügelten Mechanismus aufgestellt (Stück Holz zwischen Rahmen und Fenster gesteckt), so dass die Kommunikation klappen könnte, werde ich aufs Deck gestellt zum ‘Abschätzen’ ob’s reicht, und notfalls zum Alarm schlagen.
Im Schritttempo zirkeln wir auf die Brücke zu – besonders breit ist sie nämlich auch nicht. Bauch einziehen ist angesagt bei der Lady. Um es so zu sagen – besonders viel Luft war weder auf die Seiten noch nach oben, aber wir kommen durch.

Direkt nach der Brücke dann ein Schild: In 100m ist die Wassertiefe nur 1.20… Bei aller Liebe, aber nach dem Drama werden wir jetzt nicht umdrehen. Das riskieren wir jetzt auch noch.

Mit Minimalgeschwindigkeit dümpeln wir durch den engen Kanal, gut ist hinter uns niemand. Und entgegenkommen darf uns auch keiner! Aber so wie’s aussieht, ist Oldemarkt das Ende der Welt, wo ausser uns keiner hinwill.

Ausser – Radfahrer. An einer besonders engen Stelle, kurz bevor wir abbiegen müssen ins Dorf, ist eine Fahrradfähre, welche von Hand an einer Kette über den Kanal gekurbelt werden muss. Eine Gruppe älterer Herrschaften kämpft mit der Kurbel, während wir warten, und uns Sorgen wegen der Kette machen, welche ja auch irgendwo der Schraube in den Weg kommen könnte. Wie die Fähre fast drüben ist, kommt ein anderes Boot, welchem wir galant den Vortritt lassen (und wenn die Kette sich um die Schraube wickelt, isses nicht unser Boot). Als das Schiff die Fährstrecke unbeschadet gequert hat, tuckern wir auch drüber, biegen ab, und hoffen, dass die älteren Herrschaften es tatsächlich unbeschadet auf die andere Kanalseite schaffen.

Im Dorf angekommen sind wir das einzige Schiff im Passantenhafen. Angelegt, Landstrom eingesteckt, und erstmal ins Dorf, in der Hoffnung dass trotz Montag doch noch das eine oder andere Geschäft offen hat.

Natürlich ist die Strasse mit Geschäften am anderen Ende des Ortes – also fröhlich losmarschiert, dann tatsächlich auch einen offenen Coop gefunden, Wasser, Brot und Wurst-Vorräte aufgefüllt, und wieder zur Lady zurück. Da die Konditorei auch auf war, sogar mit Kuchen zum Kaffee.

Jetzt war grad der Hafenmeister da und hat die Liegegebühr kassiert (und war äusserst erstaunt, dass jemand hier ist).

Morgen dann mal schauen, wo wir hinwollen – wir haben jetzt zumindest wieder die Batterien voll geladen, genug zu Essen und zu Trinken – wegen mir könnten wir gerne wieder im Nichts übernachten.

Unsere Strecke heute:

Vergesst die Zeitangabe oben, das ist definitiv nicht die Fahrzeit, sondern die Zeit seit wir heute morgen losgefahren waren bis zum Screenshot.